Freitag, 6. März 2020, 20.00 Uhr
Grosser Konzertsaal Solothurn
Das Coronavirus hat uns einen Streich gespielt – aber wir machten das Beste daraus:
Das Konzert vom 6. März live online!
Wie Sie aus den Medien wissen, muss aktuell alles daran gesetzt werden, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen und damit die potentiell gefährliche Krankheit COVID-19 zu verhindern. Zu diesem Zweck haben die Behörden Vorschriften erlassen. Für den Kanton Solothurn bedeutet dies, dass öffentliche Anlässe mit mehr als 100 Personen bewilligungspflichtig sind. Diese Bewilligung haben wir für unser Orchesterkonzert vom Freitag, 6. März nicht erhalten, da wir die vorgegebenen Kriterien nicht erfüllen können. Auf der Suche nach Möglichkeiten, das Konzert nicht absagen zu müssen, sind wir zu folgender Lösung gekommen:
Das Konzert im Konzertsaal findet ohne Publikum statt. Damit Sie aber auf die hervorragende Solistin und das interessante Programm nicht verzichten müssen, wird das Konzert von jump-tv Regionalfernsehen Solothurn aufgenommen und Sie können live mit dabei sein, indem Sie am Freitag um 20.00 Uhr auf unsere Homepage www.solothurnerkammerorchester.org gehen oder auf www.jump-tv.ch.
Auf dieser Homepage bleibt das Konzert gespeichert und Sie können es auch zeitversetzt geniessen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird es dann auch auf dem Infokanal der GAW im TV-Programm von jump-tv zu sehen sein.
Diese Lösung ist für uns alles andere als kostengünstig, denn sie bedeutet den üblichen finanziellen Aufwand, jedoch ohne Einnahmen aus verkauften Eintrittskarten. Wir sind sehr glücklich, sie dank der Flexibilität von jump-tv und einem grosszügigen Sponsor realisieren zu können.
Das Programm:
Johann Baptist Vanhal Sinfonie a-Moll
1739 – 1813 Allegro moderato – Andante cantabile – Allegro
Annette von Droste-Hülshoff 5 Tänze
1797 – 1848 Zur geplanten Oper “Die Wiedertäufer”
Nach Skizzen für Orchester gesetzt von Urs Joseph Flury
Jules Massenet "Méditation" für Solovioline, Harfe und Orchester aus der Oper “Thaïs”
1842 – 1912 Solovioline: Franziska Grütter
Claude Debussy Danse sacrée et danse profane für Harfe und Streichorchester
1862 – 1918 Très modéré - Modéré
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Erik Satie Gymnopédies
1866 – 1925 Lent et grave – Lent et douloureux
Carl Ditters von Dittersdorf Konzert für Harfe und Orchester A-Dur
1739 – 17919 Allegro molto – Larghetto – Rondeau. Allegretto
Konzertmeisterin: Franziska Grütter
Die Solistin:
Anne-Sophie Vrignaud, Harfe
Anne-Sophie Vrignaud wurde 1986 in Nizza geboren. Am dortigen
Konservatorium studierte sie bei Frau Fontan-Binoche und
gewann einen 1. Preis.
2005 wechselte sie an die Musikhochschule Zürich um ihr
Harfenspiel unter der Anleitung von Frau Michel zu perfektionieren.
Sie hat mit Erfolg einen Master in Pädagogik sowie einen Master
in Performance absolviert. Seither spielt sie regelmässig am
Opernhaus Zürich, mit dem Zürcher Symphonikern und als Solistin
mit verschiedenen Kammerorchestern. 2017 war sie bereits einmal
Solistin des Solothurner Kammerorchesters.
Darüber hinaus unterrichtet sie an der Kantonsschule
Enge/Freudenberg in Zürich sowie an den Musikschulen Bülach
und Wettingen.
Zu den Werken:
Harfenliteratur von Dittersdorf bis Satie
Konzerte für Harfe und Orchester gibt es nicht sehr viele, die meisten Komponisten setzen das Engelsinstrument solo oder in der Kammermusik ein. Deshalb lag es nahe, geeignete Konzerte für ein anderes, ähnliches Instrument zu bearbeiten. So ist das Konzert von Karl Ditters von Dittersdorf eigentlich ein Cembalokonzert, das auf Drängen von Harfenisten für Harfe umgearbeitet wurde. Der österreichische Konzertpianist Karl Hermann Pillney (1896 – 1980) tat dies, indem er das Dittersdorf‘sche Originalorchester nicht nur um Bratschen, Oboen und Hörner erweiterte, sondern der Partitur im Schlusssatz auch 15 Takte anfügte. In dieser Version hat das Konzert Konzertsäle und Radiostationen erobert und kaum jemand spielt noch das Original für Cembalo.
Claude Debussy ist heute vor allem mit seinen gross besetzten Orchester- und Bühnenwerken und seinen Klavierstücken bekannt. In beiden Formen erreicht er – mit ganz verschiedenen Mitteln – den für ihn typischen Klang, dessen impressionistische Färbung durch bis zu seiner Zeit ungewohnte Intervalle und Akkorde geprägt ist. Die „Danses für Harfe und Streichorchester“ entstanden im Jahre 1904, kurz vor der Komposition der grossartigen Tondichtung „La Mer“, als Auftragskomposition der Pariser Klavierbaufirma Pleyel. Diese hatte die von Gustave Lyon neu erfundene chromatische Harfe in ihr Produktionssortiment aufgenommen und wollte sie mit der Präsentation eines dafür geschriebenen Werkes propagieren. Die chromatische Harfe hat doppelt so viele Saiten gegenüber der üblichen Doppelpedalharfe der Firma Erard, was mit der chromatischen Anordnung zusammenhängt. Dieses neue Instrument fand aber keine Verbreitung und so werden auch Debussys „Danses“ heute wieder fast ausschliesslich auf der gebräuchlichen Doppelpedalharfe gespielt. Die kammermusikalisch gehaltene Streicherbesetzung mit ihren pentatonischen Klängen und archaisierenden Akkordfolgen („Danse sacrée“) und die vielfältigen, sich teilweise überkreuzenden Rhythmen sowie das äusserst bewegliche Figurenwerk in der „Danse profane“ bilden den besonderen Reiz dieses Werkes.
Erik Satie (mit vollem Namen Alfred Eric Leslie Satie) wirkte nach seiner klassischen Klavierausbildung vorerst während langer Zeit als Kabarett-Pianist in Montmartre und war als seltsamer Kauz stadtbekannt. In dieser Zeit entstanden einige Klavierstücke, darunter die drei Gymnopédies. Eine eigenartige Begebenheit führte zur Instrumentierung von zwei dieser Gymnopédies: Satie und Debussy trafen sich im Haus des Schweizer Komponisten Gustave Doret, der damals in Paris wirkte; dabei spielte Satie seine Gymnopédies auf dem Klavier und gemäss den Aufzeichungen von Doret tat er dies so schlecht, dass Debussy sich veranlasst sah, die Stücke selber nochmals vorzuspielen. Dabei kam die Schönheit des Werkes erst zur Geltung und Debussy anerbot sich, zwei der drei Stücke zu instrumentieren. So entstand das heute bekannteste und geradezu als Kultstück zu bezeichnende Werk von Erik Satie.
Johann Baptist Vanhal: Der erste freischaffende Komponist
Der als Sohn eines leibeigenen Bauern in Ostböhmen geborene Vanhal genoss ersten Musikunterricht in seinem Heimatdorf und wirkte von 1757 bis 1761 als Organist und Chorleiter auf dem Lande. Seine musikalische Begabung blieb nicht unentdeckt und eine adelige Gönnerin ermöglichte dem 24-Jährigen den Aufenthalt in Wien, wo er im Jahr 1762/63 Schüler von Karl Ditters von Dittersdorf war und sein Geld als Komponist und Musiklehrer verdiente; zu seinen Schülern gehört auch Ignaz Pleyel. Nach Aufenthalten in Italien, wo Vanhal mit der Komposition von Opern begann, Kroatien und Ungarn liess sich der inzwischen arrivierte Musiker 1780 definitiv in Wien nieder. In diesem Jahr erscheinen bereits 300 Werke Vanhals im Druck und immer mehr kommen dazu. So gilt Vanhal als der erste freischaffende Komponist, der ohne fürstliche Unterstützung von seinen Werken leben kann. Er verkehrte intensiv mit seinen Wiener Komponistenkollegen und es ist belegt, dass er mit Dittersdorf (1. Violine), Haydn (2. Violine) und Mozart (Bratsche) als Cellist im Herbst 1786 ein wahrhaft illustres Streichquartett bildete. Vanhal schuf über 1300 Werke aller musikalischen Gattungen: Opern, Messen und andere Vokalwerke, Instrumentalkonzerte und Kammermusikwerke. Unter seinen 73 Sinfonien werden diejenigen in g-Moll und in a-Moll heute noch gelegentlich aufgeführt.
Annette von Droste-Hülshoff als Komponistin
Zu seiner jüngsten Bearbeitung für das Solothurner Kammerorchester schreibt Urs Joseph Flury:
«Unter den bekannten Schriftstellern und Dichtern finden sich etliche, die nebenbei auch komponiert haben; so z.B. Adolph Knigge, E.T.A. Hoffmann, Franz Grillparzer, Annette von Droste-Hülshoff, Friedrich Nietzsche, Carl Spitteler sowie Boris Pasternak.
Annette von Droste-Hülshoff wuchs in einem musikalisch sehr interessierten Elternhaus im Stammschloss der Familie bei Münster in Westfalen auf. Ihr Vater soll ein sehr guter Geiger gewesen sein, der auch komponiert hat. Im Alter von 12 Jahren erhielt Annette ersten Klavierunterricht. Drei Jahre später war sie so weit fortgeschritten, dass sie ihre singenden Geschwister auf dem Klavier begleiten konnte und bereits Lieder zu komponieren begann. Für ihre musikalische Ausbildung genoss sie später, mit einer «sehr wohlklingenden» Altstimme begabt, auch Gesangsunterricht und studierte eifrig eine theoretische Schrift «Über den General-Bass und die Tonkunst» ihres Onkels, des fruchtbaren Komponisten Maximilian von Droste-Hülshoff. (Drei seiner Werke wurden in Wien von seinem Freund Joseph Haydn aufgeführt.)
Als Komponistin hat Annette von Droste-Hülshoff 4 mehrstimmige Gesänge, 28 Lieder für eine Singstimme und Klavier hinterlassen, sowie eine Bearbeitung von 38 Nummern aus dem Lochamer Liederbuch für dieselbe Besetzung. Überraschend ist es, dass sie dabei nur drei Lieder auf eigene Texte vertont hat. Ihr Hauptinteresse galt jedoch der Oper. So schrieb sie drei Opernlibretti, wovon sie zu deren zwei nur einzelne Teile komponiert hat. Die meisten Vertonungen finden sich in ihrem ersten Opern-Projekt «Babilon», zum Teil nur mit Klavierbegleitung, gelegentlich aber bereits für Orchester instrumentiert. Den Wunsch von Robert Schumann (1845), für ihn ein Opernlibretto zu schreiben, hat die Droste leider nicht erfüllt.
Seit den 1970er Jahren war es mein Wunsch, mit dem SKO einmal Kompositionen der Annette von Droste-Hülshoff aufzuführen. Da sie leider keine Instrumentalwerke hinterlassen hat, habe ich vor drei Jahren fünf ihrer Lieder als reine Instrumentalstücke bearbeitet. Diesmal habe ich mich mit einem weiteren Opernprojekt «Die Wiedertäufer» der Annette von Droste-Hülshoff befasst. Dazu hatte sie noch kein Libretto verfasst, jedoch bereits 20 Melodien oder Motive zu vorgesehenen Tänzen notiert. Davon habe ich neun Melodien in einem vierstimmigen Satz harmonisiert und als «Fünf Tänze für Streichorchester» zusammengefasst. In dieser Form ist das Werk im deutschen Verlag stringendo herausgegeben worden.»
Urs Joseph Flury
U. Lips/Januar 2020