1. Dezember 2019
Das Programm:
Arcangelo Corelli Concerto grosso g-Moll op. 6 No. 8
1653 – 1713 “Fatto per la notte di natale”
Vivace/Grave/Allegro – Adagio – Allegro – Pastorale. Largo
Antonio Vivaldi Konzert für Violine und Streicher g-Moll RV 332
1678 – 1741 Allegro – Largo – Allegro
Paul Miche Veille de Noël
1886 – 1960 Noël passé
Felix Mendelssohn-Bartholdy Konzert für Violine und Streicher d-Moll
1809 - 1847 Allegro – Andante – Allegro
Jules Massenet “Méditation” für Violine und Orchester aus der Oper "Thaïs"
1842 – 1912
Konzertmeister: Daniel Kobyliansky
Die Solistin:
Franziska Grütter Violine
Franziska Grütter wurde in Thun geboren. Ihren ersten Geigen-
unterricht erhielt sie im Alter von acht Jahren an der Musik-
schule Thun, wo sie bald einmal auch ihre Freude an der Kammer-
musik entdeckte.
Nach Erlangen des Lehrdiploms 1997 schloss sie ihr Studium 1999
am Konservatorium Bern bei Daniel Zisman mit dem Konzertdiplom
ab. Anschliessend setzte sie ihre Studien bei Richard Ireland
in Bath (England) fort. Meisterkurse bei A. Dubach, N. Chumachenco,
I. Turban, dem Abegg Trio sowie an der Sommerakademie Lenk
ergänzten ihre musikalische Ausbildung.
Von August bis Dezember 2000 lehrte sie an der Musikhochschule in Sucre (Bolivien) Violine, Viola und Kammermusik. Verschiedene Konzertreisen mit Radio- und Fernsehaufnahmen führten sie durch das ganze Land, wobei sie unter anderem im Rahmen des Internationalen Kulturfestivals in Sucre und Potosí auftrat.
Sie ist Mitglied des Salonquintetts «I Galanti», mit welchem sie seit 20 Jahren in unveränderter Besetzung mit viel Freude konzertiert, sowie des «Lunaare Quintett». Im Frühjahr 2018 verwirklichte sie mit Freunden einen langersehnten Traum mit der Gründung einer eigenen Tangoformation. Mit «Tango Salón» durfte sie bereits viele erfolgreiche Auftritte feiern. Nicht selten spielt sie in diversen Besetzungen auch leidenschaftlich gerne Bratsche.
Im Herbst 2001 spielte sie im Stadttheater Bern die erste Violine in Astor Piazzollas Tango-Oper „María de Buenos Aires“, die dank des grossen Erfolgs im Sommer 2003 wiederaufgenommen wurde und im Juni 2012 als Produktion am Theater Chur stattfand. 2011 folgte ausserdem die Uraufführung von Daniel Zismans „Tangos Paralelos“, wo sie als Konzertmeisterin wirkte.
Franziska Grütter ist in verschiedenen Orchestern tätig und hat dabei oft die Konzertmeisterfunktion inne. Sie arbeitet auf diese Weise auch mit Laienorchestern, wie zum Beispiel dem Solothurner Kammerorchester. Diverse Orchestertournéen führten sie u.a. nach China (2011), Italien (2011) und Österreich (2008). Sie tritt ausserdem als Solistin auf und konzertiert mit namhaften Musikern wie Andreas Graf oder Alexandre Dubach.
Sie spielt eine Geige von Pierre Louis, La Neuveville, aus dem Jahr 1995.
Zu den Werken:
Antonio Vivaldi – Meister des Instrumentalkonzerts
Neben vielen Opern, Oratorien und Kammermusik hat Antonio Vivaldi über 300 Instrumentalkonzerte geschrieben, 241 davon für die Violine. Sie sind in verschiedenen Konzertsammlungen zusammengefasst. Das Opus 3 mit dem Beinamen «L’estro armonico» erschien 1711 als erste Sammlung im Druck. Es folgten bis 1729 weitere 12 Sammlungen. Besonders bekannte und schöne Konzerte enthält das Opus 8 («Il cimento dell’armonia e dell’invenzione»), das 1725 gedruckt wurde. Darin befinden sich z.B. der Zyklus «I quattro stagioni» und auch das Konzert in g-Moll RV 332.
Dieses zeichnet sich durch eine grosse Virtuosität aus, mit geigentechnisch raffinierten Techniken und langen Solopassagen, die nur vom Basso continuo begleitet werden.
Das erste Violinkonzert des Wunderkindes Mendelssohn
Felix Mendelssohn-Bartholdy wurde in seinem grossbürgerlichen Elternhaus intensiv musikalisch gefördert, so wie seine Schwester Fanny. Sein Hauptinstrument war das Klavier, er hatte aber auch Violinunterricht, beim Berliner Geiger Eduard Rietz. Als Pianist spielte er mit grosser Begeisterung Bachs d-Moll-Klavierkonzert, was ihn in seiner Jugendzeit zur Komposition von mehreren Werken in dieser Tonart inspirierte, darunter sein erstes Violinkonzert, das seinem Lehrer Rietz gewidmet wurde und von diesem 1822 uraufgeführt wurde. Der 13-jährige (!) Komponist leitete das Orchester. Im ersten Satz sind deutlich Bach’sche Rhythmen zu erkennen, das lyrische Andante trägt romantische Züge, der brillante Schlusssatz ist gavottenartig gesetzt. Erst 1952 wurde das Konzert von Yehudi Menuhin herausgegeben und erschien dannzumal erstmals im Druck. Im Jahr 1844, kurz vor seinem Tod, schrieb Mendelssohn sein zweites, das viel bekanntere Violinkonzert in e-Moll, das nach seiner Uraufführung durch den Geiger Ferdinand David sofort grosse Verbreitung fand.
Weihnachten in der Musik
Wie jedes Jahr im Adventskonzert des SKO erklingt eines der Weihnachtskonzerte, die zahlreiche italienische Barockkomponisten geschaffen haben. Meist mit dem Zusatz „Fatto per la notte di natale“ versehen, sind diese Werke durch einen „Pastoral“-Satz gekennzeichnet, der im 6/8- oder 12/8-Takt steht, das Wiegen des Jesuskindleins durch Maria illustrierend. Arcangelo Corellis Weihnachtskonzert entstand in der letzten Schaffensperiode des in Rom wirkenden Komponisten und wurde ein Jahr nach dessen Tod in Amsterdam gedruckt. Es ist sein bekanntestes Werk, in dem sich in vielen Abschnitten getragene und virtuose Elemente abwechseln. Der abschliessende Pastoral-Satz weist in grossartiger Vollendung alle Stilelemente der Hirtenmusik auf: Der wiegende Siciliano-Rhythmus, die zarte und ruhige Terzenmelodik und die Imitation der Dudelsäcke. Gerne stimmt man dem Musikologen Alfred Einstein zu, der diesen Satz „das klingende Gegenstück zu Sandro Botticellis berühmter Natività“ nannte.
Der in Courtelary geborene Paul Miche war Schüler von Henri Marteau in Genf und Carl Flesch in Berlin. Neben seiner Karriere als Geiger schuf er zahlreiche Chorlieder sowie Kompositionen für Violine und Klavier. Letztere sprechen ganz die musikalische Sprache der Spätromantik mit träumerisch-elegischen Melodien und einer deutlich von der französischen Musik inspirierten, raffiniert-duftigen Harmonik, die manchmal fast etwas Salonhaftes an sich hat.
Urs Joseph Flury hat die beiden Kompositionen für Violine und Klavier "Veille de Nöel" und "Nöel passé" im Jahre 1998 für Streichorchester bearbeitet.
U. Lips/Oktober 2019