Freitag, 26. August 2022, 20.00 Uhr
Grosser Konzertsaal Solothurn
3. Abonnementskonzert
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Programm
Gabriel Fauré Pavane op. 50 für Orchester
Camille Saint-Saëns Odelette op. 162 für Flöte und Orchester
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Camille Saint-Saëns Romance op. 37 für Flöte und Orchester
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Frank Martin Pavane Couleur du Temps (Version cordes 1920)
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W. A. Mozart Konzert für Flöte und Orchester G-Dur KV 313
Leitung: Michael Rubeli
Solistin: Johanna Schwarzl
VITA Johanna Schwarzl
Johanna Schwarzl begann ihr Studium mit 15 Jahren in Stuttgart in der Klasse von Davide Formisano, das sie mit Bestnote abschloss. Sie erhielt im Erasmus
wichtige Impulse am CNSMDP bei Sophie Cherrier in Paris, und schloss ihren Master Performance mit Auszeichnung in Basel in der Klasse von Felix Renggli ab.
Johanna ist Preisträgerin mehrerer internationaler Wettbewerbe wie unter anderem dem "Concorso Gazzelloni" (1. Preis), "Israel International Flute Competition" (2. Preis), "Sparda Classic Award" (2. Preis), "Swiss Chamber Music Competition" und dem
"Valiant Forum Solistenwettbewerb" (3. Preis).
Im Alter von 17 Jahren konzertierte Johanna erstmals als Solistin mit Orchester. Seitdem
hatte sie die Möglichkeit als Solistin mit Orchestern wie dem "Hilaris Festival Orchestra" und dem " Israel Chamber Orchestra" in Deutschland, Barcelona, Israel und der Schweiz aufzutreten. Im Rahmen verschiedener Konzertprojekte hatte Johanna die Möglichkeit mit Komponisten und Dirigenten wie Jonathan Nott, Michael Schønwandt, dem SWR Experimental Studio, Heinz Holliger, Richard Ayres und Rudolf Kelterborn
zusammenzuarbeiten.
Johanna ist Soloflötistin des Symphonie Orchester Bern und unterrichtet als Dozentin für Flöte an der Hochschule für Musik in Bern und an der Zürcher Hochschule der Künste. Ausserdem unterrichtet sie jeden Sommer am "Crescendo Summer Institute", das in Tokaj, Ungarn stattfindet.
Die künstlerische Musikvermittlung, neue Konzertformate zu kreieren und auszuprobieren, sowie die Zusammenarbeit mit anderen Sparten liegt ihr sehr am Herzen. Deswegen hat Johanna an der Hochschule der Künste Bern künstlerische Musikvermittlung in der Klasse von Christian Studler und Barbara Balba Weber studiert und mit Auszeichnung abgeschlossen. Sie erhielt den Eduard-Tschumi-Preis für ihr Abschlussprojekt "Der Letzte Müller". Seit Kurzem leitet und begleitet sie verschiedene Musikvermittlungsprojekte an Festivals, wie zum Beispiel dem "Swiss Chamber Music Festival" in Adelboden, dem Musikfestival Bern, den Bachwochen Thun.
Sie gründete mit Ihrem Mann und Pianist Dan Marginean das Duo2Connect, das den Fokus auf das Entwickeln und Ausführen neuer Konzertformate legt. Momentan arbeitet das Duo an einer Konzertreihe, die eine Verbindung zwischen ländlichen und städtischen Kunstformen bildet und Laien- und Profimusiker zusammenbringt.
Aufgrund ihrer persönlichen Überzeugungen ist es Johanna stets ein Anliegen, Musik mit Menschen in weniger privilegierten Lebenssituationen zu teilen. Aus diesem Grund war sie viele Jahre in ein Projekt am Olga Hospital in Stuttgart involviert, das Musikprogramme für krebskranke Kinder anbot. Ausserdem ist sie freiwillige Mitarbeiterin der Organisation "Crescendo - more than music", die international verschiedene soziale Projekte initiiert und begleitet und ausserdem eine Brücke zwischen Spiritualität und Kunst schlägt.
ÜBER MICH
Das Gefühl die Grenze der Sprache zu erreichen, ist mein steter Begleiter. Umso mehr habe ich in der Musik und der Flöte ein Sprachrohr gefunden, mit dem ich mehr auszudrücken vermag. Ich liebe es Flöte zu spielen und diese Sprache mit anderen zu
teilen.
Aufgewachsen in Oberschwaben als Tochter einer "Nicht-Musiker-Familie" mit österreichischen Wurzeln, führte mich mein Weg in die USA, nach Frankreich und in
die Schweiz. Mein familiärer Hintergrund und all diese Orte haben mich, mein Spiel
und meine Sicht auf das musikalische Schaffen nachhaltig geprägt.
Ich sehe es als meine Aufgabe als Künstlerin Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Ich bin überzeugt, dass man durch Musik und innovative
Konzertprojekte einen Ort der Begegnung für unterschiedliche Gesellschaftsgruppen
schaffen kann. Das ist meine Motivation und mein Ziel.
Als Soloflötistin des Berner Symphonieorchesters habe ich das Privileg in wunderschönen Sälen gemeinsam mit KollegInnen zu musizieren. Meine Tätigkeit als Dozentin an derm Hochschule der Künste Bern und der Zürcher Hochschule der Künste ermöglicht es mir von und mit begeisterten MusikstudentInnen zu lernen. Diese beiden Arbeitsfelder inspirieren mich zu meinen eigenen Projekten, die ich als freischaffende Musikvermittlerin konzipiere und durchführe.
Mehr Informationen zu meinen aktuellen Projekten findest du auf meiner Webseite:
https://johannaschwarzl.com
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EINE FAST FRANZÖSISCHE SOIRÉE
Anmerkungen zum Programm
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Gabriel Fauré widmete die Pavane op. 50 aus dem Jahr 1887 seiner Gönnerin Elisabeth Comtesse Greffulhe und betitelte das Werk nach dem gleichnamigen langsamen spanischen Prozessions Hoftanz. 1888 erlebte die Pavane ihre Uraufführung in Paris. Ursprünglich als Klavierstück konzipiert, hatte sie Fauré zum Orchesterwerk mit optionalem Chor umgearbeitet. Eine Version mit Tänzern und Chor initiierte 1891 die Gräfin. Anlässlich einer ihrer Gartenpartys im Bois de Boulogne gelangte diese zur Aufführung. 1917 nahm Sergei Diaghilev eine Choreografie zu Faurés Pavane von Léonide Massine in sein Ballets Russes auf und behielt sie bis ans Ende seines Lebens im Repertoire der Kompanie. - Faurés Pavane versetzt das Publikum in die Zeit der französischen Belle Époque. Ihre Wirkung ist die eines weichzeichnenden Gazeschleiers, der über inneren Bildern einer sonnendurchfluteten, idealen Natur liegt. Elegant wiegenden Schrittes flutet die Komposition über eine Reihe von harmonischen und melodischen Höhepunkten auf und ab. Auch nach dem Ende der Belle Époque blieb die Popularität der Pavane ungebrochen. Sie erlebte seitdem ungezählte Bearbeitungen in jeder nur denkbaren Stilrichtung bis hin zur Popmusik. Stellvertretend erwähnt seien hier nur die Versionen so unterschiedlicher KünstlerInnen wie Barbara Streisand, Branford Marsalis und Bobby McFerrin. Auch die britische BBC bediente sich der Pavane und schuf hieraus die Titelmelodie für ihre Berichte von der Fußball-Weltmeisterschaft 1998.
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Odelette op. 162 von Camille Saint-Saëns Laut dem Dictionnaire de Français Larousse ist eine Odelette eine «petite ode légère et gracieuse». Im deutschen Sprachraum wird sie definiert als «eine heitere unterhaltsame Form der musikalisch-dichterischen Ode». Camille Saint-Saëns’ Odelette entstand 1920, ungefähr ein Jahr vor seinem Tod. In verschiedenen Ausgaben seines Werkes wird Odelette auch als Bezeichnung für eine Haremsdame interpretiert. Wie dem auch sei: unüberhörbar erklingt das Interesse des Komponisten an authentischer Musik der östlichen Länder, insbesondere der islamischen. Camille Saint-Saëns’ musikalisches Talent wurde früh erkannt und gefördert. Im Alter von sechs Jahren schrieb er seine erste Komposition, mit elf Jahren gab er sein erstes öffentliches Konzert in der Salle Pleyel, Paris. Von manchen Zeitgenossen wurde er als neuer Mozart gefeiert. Mit fünfzehn Jahren schrieb er die Sinfonie A-Dur, mit 16 war er Student an der Universität in Paris. Nach seinem Klavier-, Orgel- und Kompositionsstudium am Pariser Konservatorium wird er 1852 als 17-jähriger Organist von Saint-Severin in Paris. In diesem Jahr lernt er Franz Liszt kennen, der auch musikalisch einen nachhaltigen Einfluss auf ihn ausübte. Von 1861 bis 1865 lehrte Saint-Saëns an der École Niedermeyer de Paris Klavier, wo auch Gabriel Fauré zu seinen Schülern gehörte. Neben dem «Oratorio de Noël», dem «Requiem», seiner 3. Sinfonie in c-moll, der sogenannten «Orgelsinfonie» ist sein wohl berühmtestes Werk der «Carneval des animaux». Saint-Saëns’ Instrumentation ist gelegentlich von eigenartigen, fast experimentellen Klangbildern gekennzeichnet. So auch in seiner Odelette für Flöte und Orchester. In den letzten Lebensjahren reiste er viel nach Nordafrika und Amerika, noch mit 80 Jahren machte er eine erfolgreiche USA-Tournee. Er starb 1921 auf einer Reise in Algier, wurde nach Paris überführt und dort auf dem Friedhof Montparnasse beigesetzt.
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Romance op. 37 von Camille Saint-Saëns Romanzen gehörten zu den Modeformen der virtuosen Salonmusik des 19. Jahrhunderts. Von Saint-Saëns’ Romanzen für verschiedene Soloinstrumente ist die 1871 komponierte Romance op. 37 für Flöte die wohl am besten bekannte, erfüllt sie doch alle Erwartungen an eine solche Form. Das Stück entstand kurz nach dem Deutsch-Französischen Krieg. Nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandes von Versailles am 28. Januar 1871 übernahm die Pariser Kommune am 18. März die Macht. Aus Angst um seine Sicherheit floh Saint-Saëns ins Exil nach London. Unter diesen extremen Bedingungen schrieb er die Romanze, ein bezauberndes Stück, das musikalisch ungestört von den politischen Umständen zu sein scheint. Ungewöhnlich an seiner Flötenromanze ist auch die Tonart Des-Dur, die auf einer Flöte vor der Mitte des 19. Jahrhunderts praktisch unspielbar gewesen wäre. Paul Taffanel, der bedeutendste Pariser Flötist des Fin de Siècle, enger Freund und Mitstreiter von Saint-Saëns im Bemühen um eine Renaissance der französischen Instrumentalmusik, hatte keine Schwierigkeiten mehr mit dieser Tonart, teils dank der vollendeten französischen Kunst der “embochure”, des Ansatzes, mithilfe dessen jede Intonationstrübung leicht auszugleichen war, teilweise dank der technischen Metamorphose, die die Flöte im Zuge der Böhmschen Klappenmechanik durchgemacht hatte. Taffanel und Saint-Saëns scheinen das dreiteilige Stück aber auch seiner musikalischen Eigenschaften wegen geschätzt zu haben, denn sie setzten es aufs Programm des Konzerts zum 50-jährigen Bühnenjubiläum des Komponisten 1897 in der Salle Pleyel. Die schöne, melancholische Melodie des Hauptteils über fast bachschen Harmonien und der bewegtere Mittelteil ergeben eine in jeder Hinsicht abgerundete Form. Taffanel wurde zum wahren Champion der Romance und führte sie im Laufe der Jahre mehrmals auf. Heute ist sie eines der beliebtesten kleineren Werke des Komponisten und hat sich als Teil des Kernrepertoires der Flöte etabliert.
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Die Komposition Pavane Couleur du Temps von Frank Martin wurde 1919 zunächst als Streichquartett geschrieben. Aus einer vierhändigen Klavierfassung entwickelte Martin 1920 die Version für kleines Orchester. Ausgangspunkt bildet das Märchen «Eselshaut» von Charles Perrault, in dessen Mittelpunkt ein von einer Fee reich beschenktes Mädchen steht. Es darf sich ein Kleid in seiner Lieblingsfarbe wünschen. Da wählt das Kind «couleur du temps». Diese Formulierung ist durchaus doppeldeutig zu verstehen, denn «Temps» heisst sowohl «Witterung» als auch «Zeit». Die zart schillernde Harmonik der musikalischen Deutung durch Martin entspricht dem zauberhaft Unbestimmten der Märchenwelt und überlässt dem schöpferischen Empfinden der Zuhörerschaft die volle Freiheit. Frank Martin wurde als zehntes und letztes Kind des Pfarrers Charles Martin am 15. September in Genf geboren. Zu dieser Zeit war das Genfer Musikleben fest in deutschen Händen. Hugo von Senger gründete 1869 die Konzertgesellschaft und 1874 das Orchester. Beide Institutionen widmeten sich vor allem der unverfälschten Weitergabe der Werke Beethovens, der Wiener Klassik und der deutschen Romantik. Im musikliebenden Elternhaus lernte das Kind Frank ein Repertoire kennen, das bis zu den Kammermusikwerken und Liedern Schumanns, zu Chopin und César Franck reichte. Am meisten beeindruckte den Knaben Johann Sebastian Bachs Matthäuspassion, die er in einer Aufführung als zwölfeinhalbjähriger erstmals hörte. Ein Schlüsselerlebnis, das ihn in einen Traumzustand versetzte und durch sein gesamtes Schaffen einen nachhaltigen Einfluss ausübte. Frank Martin zählt zu den bedeutendsten Komponisten der Schweiz mit internationaler Ausstrahlung. Er setzte sich als ausübender Musiker, Komponist und Lehrer mit der Tonsprache des 20. Jahrhunderts auseinander, fand in einem langen Reifeprozess zu einem unverwechselbaren Personalstil. Er scheute sich nicht vor Wandlungen seiner Kompositionsweise, vor dem Einbezug neuer Techniken, selbst die Klänge der Elektrogitarre erweitern seine Klangwelt. Martins Schaffenskraft liess zeitlebens nie nach, noch zehn Tage vor seinem Tod (21.11.1974) arbeitete er an seiner letzten Kantate «Et la vie l’emporta».
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Konzert Nr. 1 für Flöte und Orchester G-Dur KV 313 (285c) entstand wahrscheinlich Anfang 1777 in Salzburg und zählt zu den bedeutendsten, meistgespielten Werken der Gattung. Zudem ist es das einzige original für Flöte geschriebene Solokonzert des Komponisten. Der deutsche Musikwissenschaftler Rudolf Gerber bemerkt, der damals 21-jährige Mozart habe im Rahmen einer hochkultivierten Gesellschaftsmusik Meisterwerke geschaffen, die sowohl die Technik des Blasinstruments in vorzüglicher und allseitiger Weise zur Geltung kommen ließe, als auch Geist und Gemüt des Rokoko und deutscher Empfindsamkeit vollendet spiegelten. Die Entstehungsgeschichte des Werkes ist bis heute ungeklärt, es kursieren mehrere sich zum Teil widersprechende Deutungen. In der Gesamthaltung wie in der Bewältigung der formalen Probleme steht es den Violinkonzerten von 1775 nahe. Es finden sich auch in thematischer Hinsicht diverse Parallelen, so z. B. der Anfang des Flötenkonzerts Nr. 1 und des Violinkonzerts Nr. 4 KV 218. Die Konzerte, die Mozart zur Entstehungszeit seiner Flötenkonzerte geschrieben hat, zeigen bereits eine fortgeschrittene Meisterschaft und nehmen einen besonderen Stellenwert im Rahmen von Mozarts Feilen an der Konzertform ein. Diese als persönliche Orchestergattung zu etablieren, so wie er es bereits für Violine oder für Klavier tat, gelingt ihm mit dem G-Dur-Konzert KV 313 ebenso eindrücklich für die Flöte. Das Flötenkonzert Nr. 1 mit seiner traditionellen Gliederung in drei Sätze (schnell–langsam–schnell) weist diverse Besonderheiten auf: Einem gewichtigen, mit Allegro maestoso überschriebenen Kopfsatz in G-Dur folgt ein ausdrucksstarker Mittelsatz in der Dominanttonart D-Dur mit beinahe romantischer Färbung. Als Finale erklingt ein Rondo in typisch französischem Menuett-Stil, wie es sich u. a. bereits in den Violinkonzerten findet (z. B. in Nr. 5 KV 219). Ferner war die Flöte gerade in Frankreich zum Modeinstrument avanciert, wodurch sich Mozart auch ganz bewusst in eine Reihe von Komponisten namhafter Flötenliteratur stellt. Des Weiteren erscheint in allen drei Sätzen eine Solokadenz, was damals in Bläserkonzerten eher unüblich war.
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ust/07.22/Quellen: Wikipedia; Karin Martensen, Grafenegg Kulturbetriebsgesellschaft; Booklet zu Gallo CD-713; diverse Presseberichte aus Tages- und Fachpresse (Bernhard Billeter, Schweizer Musikzeitung)
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